Modejahr 2002 – Besinnlichkeit und Individualität

Der Schock, den die Terroranschläge am 11. September 2001 in New York verursacht hatten, wirkte sich 2002 auch in der Modeszene aus. Der neue Trend hieß Lounging und stand für Besinnlichkeit, Entspannung und Geborgenheit. Modisch bedeutete das eine Rückbesinnung auf verspielte Romantik und individuelle Kleidung. In diesem Sinne entstand das Design-Recycling. Kleine Spezialgeschäfte boten es an und besonders für Jeans fanden sie großen Anklang. Wo immer der Kunde eine Franse, eine Löcherung oder einen Paillettenbesatz wünschte, verwirklichte man das prompt. Alte Kleidung und

neues Design; das ging einher mit der Realisierung eigener Trendvorstellungen. Die elegante Schlichtheit im Business-Bereich, die die 90er ausgemacht hatte, wurde jetzt durch romantische Verspieltheit abgelöst. Das so entstandene Romantic-Business begeisterte die Karriere-Frauen. Große Rüschen oder Blusen in Crash-Synthetik wurden der Renner. Da konnten sogar die Puristen nicht puristisch bleiben. Prada, Gucci und Vuitton schickten Kleider mit zipfelnden Volants auf den Catwalk. Zufälligkeiten in den ausgefransten Nähten mussten allerdings präzise gearbeitet sein. Es durfte keinesfalls der Eindruck entstehen, man trage nachlässig gefertigte Kleidung.
 Besondere Individualität drückte man durch folkloristische Bestandteile aus. Mongolische Fell-Flecken oder Lederfransen nach Indianerart bereicherten Blusen, Pullover und Jacken. Und die Trachtenkleidung aus Osteuropa wurde zum Vorbild für die farbenfreudigen, gestickten Muster, die – eine Zeit lang scheel betrachtet - nun absolut zeitgemäß waren. Röcke gab es in einer schier unermesslichen Auswahl. Ihre Schnitte waren variationsreich und voller Fantasie. Von kurz, lang, halblang, weit, eng bis gefältelt oder glatt konnte man alles tragen. Es war eine modische Vielfalt, die aber ihre Ursache nicht in der Einfallslosigkeit der Designer, sondern in einer Aktualität des Suchens nach Geborgenheit und Toleranz hatte.
 Zur Orientierung an den 90ern kam noch die Wiederbelebung der 70er Jahre. Das brachte den Gürtel in den unterschiedlichsten Formen wieder an die Frau. Breit und mit auffallenden Schnallen-Varianten trug man ihn tief auf den Hüften.
 Und auch die Haare machten Mode mit. Die Frisurentrends hatten in dem Fußballer David Beckham ein Vorbild für die wirre, kurze Hahnenkamm-Frisur. Neue Designer-Namen eroberten die Laufstege und beeinflussten nicht nur die Konsumenten, sondern auch andere Designer. Hedi Slimanes Anzüge begeisterten u.a. Karl Lagerfeld. Wer schön sein will muss leiden und Lagerfeld hungerte, bis ihm die Slimanes-Anzüge passten. Der Fächer fiel der Diät zum Opfer und die Mode-Legende machte in knabenhafter Gestalt erneut Furore.

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