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Modejahr 2003 – Modische Toleranz

Es war nicht zu übersehen, dass die Jugend modisch zwar beeinflussbar war, aber dennoch sorgfältig wählte, was zu ihrem Zeitgefühl passte. Die Älteren hatten beim Anblick junger Leute oft ein Déjà vu. Doch dass alles schon einmal da war, stimmte dennoch nur bedingt, denn die Kombinationen und Auffrischungen präsentierten Althergebrachtes völlig neu. Es erinnerte nur an bereits Dagewesenes. Was die Couturiers modernisierten, zeichnete sich nun durch Pop-Art und Comic in den Mustern aus oder war auf edler Ebene durch den niederländischen Maler der Klassischen Moderne, Piet Mondrian,

inspiriert. Eben diese Mondrian-Grafiken fanden sich in Blusen und Kleidchen und waren topmodern. Dazu passend favorisierte man die Geometrie in auffälliger Form im Stil des Franzosen André Courrèges. Dieser hatte die Mode der 60er Jahre maßgeblich beeinflusst mit seinem „harten Schick“, wie seine Kreationen in Anlehnung an die Raumfahrt charakterisiert wurden. Die modischen Rückbesinnungen wurden geliebt, weil sie nicht historisch korrekt sein mussten, sondern freie Gestaltung ermöglichten und eine romantische Sehnsucht befriedigten.
 Die junge Mode des Alltags unterschied sich erheblich von der des Laufstegs. Jugendliche im Jahr 2003 orientierten sich gern und zunehmend an Pop-Stars, machten sie nicht nur in der Bekleidung zu ihren Vorbildern. Neben dem Catwalk fand auch die volkstümliche Trachten-Kleidung unterschiedlicher nationaler Herkunft großen Anklang. Hinter ihr standen nicht immer große Designernamen, doch Folkloristisches versprach ein individuelles Aussehen und die Wirkung war edel, da man sich weitestgehend an die Originale hielt.
 Auch ein asiatischer Touch etablierte sich zusehends und war ein unabdingbarer Teil einer Weltmode, die die Grenzen überschritt. En vogue waren Kleider, die asymmetrische Verschlusselemente aufwiesen, die Figur betonten und unverkennbar dem Suzie-Wong-Stil entlehnt waren, der durch „Die Welt der Suzie Wong“, einem Film aus den 60ern bekannt geworden war. Überliefert war dieser Stil aus dem Hongkong der 20er und 30er Jahre. Er wirkte traditionell, war es aber nicht in historischem Sinne.
Das Alltags- und Straßenbild war geprägt von einer modischen Vielfalt, die sich nicht mehr nur an den Designer-Kreationen orientierte. In der Art, sich zu kleiden, manifestierte sich eine große und selbstverständlich gewordene Toleranz.
In die Damenmode kam zusehends Unbeschwertheit. Musselin-Stoffe mit großen Blumen waren der Favorit für Kleider und Blusen. Volants flatterten im Wind. Feminin zu sein, wurde durchaus nicht als ein Zeichen von Schwäche angesehen. Accessoires hatten Hochkonjunktur, allen voran die Gürtel. Sie schnürten nicht ein, sondern betonten die Leichtigkeit des Seins durch lockere Bindung. Den Taschen sah man die 50er Jahre deutlich an. Man trug sie wieder mit Holzgriffen, gern auch am angewinkelten Arm. Diese Geste des Taschentragens hätte man noch wenige Jahre zuvor nur den älteren Leuten zugeordnet. Out waren die Schultertaschen deshalb noch lange nicht. Alles konnte nebeneinander bestehen, ohne unmodisch zu erscheinen.
 Für die renommierten Designer war eine schwere Zeit angebrochen. Geiz war geil und machte dem Shoppen aus Spaß an der Freude und an Mode den Garaus. Prada, Gucci u.a. mussten schwere Umsatzeinbußen hinnehmen. Selbst bei großen Medienveranstaltungen, deren Laufsteg der Rote Teppich war, trugen Stars durchaus auch Leihgaben bekannter Labels. Doch ein Licht am Horizont kam mit Jil Sander. Sie designte wieder für das Unternehmen ihres Namens.
 Während in der Mode Vielfalt angesagt war, herrschte unabhängig davon Einigkeit darüber, dass Haute Couture bleiben sollte, was Haute Couture immer war – Luxus.